Info`s

1. Hat der Kindergarten die Aufsichtspflicht für Besuchskinder?
 
Antwort: Für sogenannte "Schnupperkinder": ja, für Freund oder Freundin (z.B. in den Ferien): nein. Hierbei handelt es sich um ein "Handeln aus Gefälligkeit".

2. Eltern besuchen ein Sommerfest des Kindergartens mit ihren Kindern. Wer hat die Aufsichtspflicht?
 
Antwort: Im Zweifel sind die Eltern aufsichtspflichtig. Das Kind untersteht hier nicht der Obhut der Einrichtung, solange es nicht dem Einfluss der Eltern "entzogen " ist.

3. Kann auch einer minderjährigen Praktikantin die Aufsichtspflicht in einer Kindertageseinrichtung übertragen werden?
 
Antwort: Mit Einwilligung ihrer gesetzlichen Vertreter kann auch eine Praktikantin, die noch nicht 18 Jahre alt ist, die Verantwortung und damit die Aufsichtspflicht für die ihr anvertrauten Kinder übernehmen. Vorausetzung dafür ist nur, dass die Eltern damit einverstanden sind, dass die Tochter als Praktikantin in der Einrichtung arbeitet

4. Wer ist aufsichtspflichtig, wenn Eltern, nachdem sie die Kinder bereits aus der Gruppe geholt haben, sich aber danach mit anderen Eltern z.B. im Flur unterhalten?
 
Antwort: Wird ein Kind vereinbarungsgemäß abgeholt, endet die Aufsichtspflicht der Tageseinrichtung mit der Inempfangnahme des Kindes durch die abholende Person. Die Aufsichtspflicht der Tageseinrichtung lebt auch dann nicht auf, wenn sich die abholende Person mit anderen Abholern unterhält und dabei das Kind unbeaufsichtigt lässt. Aus der Sicht eines objektiven Dritten übernimmt der Abholer mit der Kontaktaufnahme wieder selbst die Verantwortung für das Kind.

5. Darf ein Kind allein heimgehen?
 
Antwort: Jedes Kind muss ausnahmslos von einer Person, die durch schriftliche Einverständniserklärung eines Erziehungsberechtigten dazu ermächtigt wird, aus dem Kindergarten abgeholt werden. Kinder unter 14 Jahren sind generell nicht abholberechtigt.

6. Was ist dem Kindergarten zu raten, falls die Mutter telefonisch bittet, ein Kind ausnahmsweise jemand anderem mitzugeben?
 
Antwort: Sofern entgegen einer schriftlichen Abholvereinbarung ein Kind auf den telefonischen Anruf des Abholberechtigten hin von jemand anderem mitgenommen werden soll, soll sich der Kindergarten oder der Hort dafür Zeugen schaffen, indem die Mitarbeiterin, die den Anruf entgegennimmt, den Wunsch der Mutter einer Kollegin mitteilt.

7. Was wird rechtlich von einer Kindertageseinrichtung erwartet, falls ein Angetrunkener ein Kind abholen will?
 
Antwort: Falls ein angetrunkener Abholberechtigter oder Personensorgeberechtigter ein Kind abholen will, darf ihm das Kind nicht überlassen werden. Die Tageseinrichtung ist verpflichtet nach Lösungen zu suchen, die das Kind nicht gefährden; notfalls ist das Jugendamt oder die Polizei einzuschalten. Eine Gefährdung der eigenen Person braucht ein Leiter oder eine Erzieherin nicht zu riskieren.

8. Was kann die Kindertageseinrichtung tun, wenn ein Kind nicht rechtzeitig abgeholt wird?
 
Antwort: Falls Personensorgeberechtigte oder andere Abholberechtigte ein Kind nicht rechtzeitig von der Tageseinrichtung abholen, verletzen sie ihre vertraglichen Verpflichtungen. Das berechtigt aber den Träger bzw. die Mitarbeiterinnen der Tageseinrichtung nicht, auch ihrerseits die übernommenen Verpflichtungen nicht mehr zu erfüllen. Wohl aber dürfen sie nach Möglichkeiten suchen, sich die Vertragserfüllung zu erleichtern, ohne die Verantwortung für das Kind aufzugeben. Im Wiederholungsfalle und nach Androhung kann der Träger das Vertragsverhältnis wegen Pflichtverletzung auch kündigen. Schließlich könnte er einen ihm durch die verspätete Abholung entstandenen Aufwand in Rechnung stellen.

9. Kann die Aufsichtspflicht auch an eine Praktikantin, eine weitere pädagogische Kraft oder andere Personen deligiert werden?
 
Antwort: An Praktikantinnen, weitere pädagogische Kräfte sowie andere Personen (z.B. Mütter oder Väter) kann die Aufsichtspflicht deligiert werden, wenn sie zur Aufsichtsführung geeignet und mit dieser nicht überfordert sind. An die Anleitung und Überwachung, vor allem von Praktikantinnen, werden dabei aber höhere Anforderungen zu stellen sein.

10. Darf ich die Kinder allein lassen?
 
Antwort: Überwachungspflicht:

Belehrungen und Ermahnungen allein reichen bei Kindern meist nicht aus, um der Aufsichtspflicht zu genügen. Der Aufsichtspflichtige muss sich auch vergewissern, ob sie verstanden und befolgt werden. Er wird also das Kind überwachen müssen. Das heißt aber nicht, dass ein Kind ständig beaufsichtigt werden muss. Je nach Situation, Alter und Entwicklungsstand kann auch ein gelegentliches, stichprobenartiges Kontrollieren genügen. Je weniger jedoch der Aufsichtspflichtige das Kind kennt, je unzuverlässiger es sich in der Vergangenheit erwiesen hat, je riskanter ein Spiel oder eine Situation ist und je wahrscheinlicher es ist, dass Gebote und Verbote missachtet werden, desto beständiger und umfänglicher wird ein Kind überwacht werden müssen.
Letztlich ist es wiederum eine pädagogische Frage, wie intensiv ein Kind zu beaufsichtigen ist. Deshalb sei noch einmal wiederholt: Was unter Abwägung pädagogischer Zielsetzungen und der Sicherheitsinteressen des Kindes oder Dritter begründet ist, ist keine Aufsichtpflichtverletzung. Unzumutbares wird nicht verlangt. In Erinnerung sei auch gerufen, dass Berufserzieher im Prinzip keine andere Aufsichtspflicht haben als die Personensorgeberechtigten. Lediglich die Zahl der zu betreuenden Kinder und die damit verbundenen Risiken sind hier mitzubedenken.

11. Haftung
 
Wenn ein Kind geschädigt wird, während die Tageseinrichtung die Aufsichtspflicht für das Kind gehabt hat, haften die unmittelbar verantwortlichen Erzieher, wenn sie die Aufsichtspflicht schuldhaft verletzt haben und die Schädigung eine Folge der Aufsichtspflichtverletzung ist. Die gleiche Haftung trifft Leiterinnen und Träger, wenn sie ihre Auswahl-, Informations-, Anleitungs- und Überwachungspflichten verletzen und in Folge dieser Pflichtverletzungen Kinder geschädigt werden.
Der Träger haftet zudem für die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Für eine unzulängliche Erfüllung des Betreuungsvertrages seines Personals haftet er ebenfalls.

12. Wie können sich die Träger einer Tageseinrichtung für Kinder und die aufsichtspflichtigen Erzieher gegen die (zivilrechtliche) Haftung schützen?
 
Das zivilrechtliche Haftungsrisiko lässt sich weitgehend durch eine Haftpflichtversicherung ausschließen (§§ 149 ff. VVG). Die Versicherung trägt die Schäden, die infolge einer leicht-, mittel- oder grob fahrlässigen Aufsichtspflichtverletzung entstehen.
Lediglich bei vorsätzlicher Aufsichtspflichtverletzung - sie kommt praktisch kaum vor - braucht die Versicherung nicht einzutreten (§ 152 VVG)
Die Haftpflichtversicherung gibt es als Betriebshaftpflichtversicherung und als Berufshaftpflichtversicherung (Diensthaftpflichtversicherung).
Eine Diensthaftpflichtversicherung hat die Stadt Waldeck für ihre Bediensteten abgeschlossen.
Diese Versicherung schützt sowohl den Träger und seine gesetzlichen Vertreter als auch seine haupt- und nebenberuflichen sowie die ehrenamtlichen Mitarbeiter vor Schadensersatzansprüchen. Ansprüche des Trägers wegen Schäden, die die Mitarbeiter dem Träger zufügen (z.B. am Inventar) sind von der Haftpflichtversicherung nicht gedeckt. Die Mitarbeiter haften dem Träger nach dem BAT und den AVR der Wohlfahrtsverbände aber nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit.

Zusammenfassende Antwort:

Träger und Mitarbeiter von Kindertageseinrichtungen können ihrem Haftungsrisiko durch eine Betriebshaftpflichtversicherung begegnen, die alle möglichen Schäden trägt, welche im Zusammenhang mit der Führung der Einrichtung oder der pädagogischen Arbeit Kindern oder Außenstehenden schuldhaft zugefügt werden.
Falls ein Träger keine Betriebshaftpflichtversicherung hat und die Einrichtung auch keiner Sammelhaftpflichtversicherung angeschlossen ist, ist den Mitarbeitern eine Berufshaftpflichtversicherung zu empfehlen. Nur so können sie ihr Haftungsrisiko ausschließen und Spielraum für ihr pädagogisches Handeln gewinnen.

13. Schlussbemerkung
 
Die Aufsichtspflicht ist immer ein Schreckgespenst in der sozialpädagogischen Arbeit, weil das Gesetz nur die Folgen der Aufsichtspflichtverletzung regelt und es Lehre und Rechtsprechung überlässt Maßstäbe für die Erfüllung der Aufsichtspflicht zu setzen. Hinzu kommt, dass die Rechtsprechung aus früheren Zeiten mit anderen pädagogischen Zielsetzungen für die Auslegung der Aufsichtspflicht heute teilweise wenig Orientierung bietet. Einen Widerspruch zwischen pädagogischen Zielsetzungen und rechtlichen Anforderungen an die Aufsichtsführung kann es aber nicht geben, weil Erziehung und Aufsichtspflicht den gleichen Rang einnehmen. Deswegen kann man als Grundsatz formulieren: Was pädagogisch nachvollziehbar begründet ist, kann keine Aufsichtspflichtverletzung sein.

14. Quelle
 
Aufsichtspflicht in Kindertageseinrichtungen, S. Hundmeyer, 3. Auflage, Carl Link Verlag.